Tag 5 (Schweiz): Igis - Samedan
Tagesdistanz: 110km
Gesamtdistanz: 511km
Fahrzeit: ca. 7h
Hoehenmeter: viele - 2186m und viel mehr als gedacht
Nachdem ich mich von Helen und Peter verabschiedet hatte schien die Sonne vom Himmel und die Straße führte entlang des Rheintals nach Chur. Von dort fuhr ich eine Weile die gleiche Strecke wie mit 15 Jahren auf meiner ersten Radtour durch die Alpen. Nach Tiefencastel hinauf traf ich die 5-jährige Lena mit ihrer Familie, die gerade auf dem Weg zurück aus dem Skiurlaub waren. Als Lena hörte, dass ich nach China fahren will, meinte sie nur: “Ist der verrückt?” Kindliche Unbekümmertheit ist wohl unbezahlbar. Sie erzählte mir dann noch von ihrem Arztbesuch nachdem sie sich das Schlüsselbein gebrochen hatte und wie schmerzvoll es gewesen sei.
In Tiefencastel waren dann alle Geschäfte über den Mittag geschlossen, es ging weiter den Julier hinauf. Während der früheren Tour war ich die Nordseite des Julier hinabgefahren und erinnerte mich nur noch dunkel. Es war wohl auch besser so. 36km bergan, unterbrochen von mehreren flachen Passagen.
Irgendwann kam mir Gedanke, dass es wohl nicht die beste Idee war, den Julier an einem Tag bewältigen zu wollen und langsam ging mir auch die Kraft aus. Nach sechs Wochen Infektion und kaum Training war das wohl eher eine hirnrissige Idee. Kurz vor Bivio kam mir der Gedanke dort zu übernachten, aber es war nichts mehr frei. Samstag und eines der letzten Wochenenden mit Schnee in der Gegend.
Irgendwie ging es dann doch, mit häufigem Anhalten und einigem Frust. Außerdem wurde es so langsam kalt, die Sonne verschwand bald hinter den Bergen. Als ich bereit war ins nächste Auto zu steigen (wenn denn eines angehalten hätte), sah ich ein Haus oben am Hang. Einige Serpentinen später war ich auch dort, ein Autofahrer meinte auch, dass dies der Pass sei und meine Motivation stieg wieder an. Nur um in Gleichgültigkeit umzuschlagen, als ich bemerkte, dass es noch weiter den Berg hoch ging (ich hätte wohl den Bericht auf www.quaeldich.de lesen sollen).
Die Sonne war mittlerweile fast hinter einer Bergkuppe verschwunden und gerde mit den letzten Strahlen erreichte ich müde und völlig abgekämpft die Passhöhe. Es wurde bitterkalt. Ein Paar Bilder und mehrere Schichten Kleidung später ging es bergab. Trotz klammer Finger, müder Beine und einsetzender Dunkelheit war es eine schöne Abfahrt mit grandioser Aussicht. Ich sollte ein paar Leuten danken - dem französischen Auto voller begeisterter Menschen, einem ebensolchen Busfahrer, dem Berliner mit den Schneeschuhen fürs Bildermachen und dem Paar, das mir gesagt hatte, dass der Pass beim Hospiz sei. Fürs Durchhalten war das unerlässlich. Nicht bedanken will ich mich bei den “lustigen” Kölnern in ihrem Mercedes, die mich mitnehmen wollten - “schade, das Auto ist schon voll” und dem Autofahrer, der mir auf dem Julier unmißverständlich sein Mißfallen über mein Rad zu verstehen gab.
Durch Silvaplana und das mondäne, aber hässliche St. Moritz ging es nach Samedan, wo ich bei Katja vom Hospitality Club übernachten würde. Eigentlich wollte sie nur Frauen sich aufnehmen, aber als ehemalige YFU-Austauschschülerin machte sie eine Ausnahme. Ich bekam 10 Minuten zum Duschen und dann ging es auch schon zum Abendessen - es dauerte ein wenig länger, um halbwegs passabel auszusehen. Eine Dusche später war es dann soweit und wir trafen die Freunde von Katja zum Abendessen und anschließend ging es nach St. Moritz in eine Bar mit Livemusik. Joe Vox (www.joe-vox.com) ist wirklich gut, covert akkustisch viele bekannte Lieder und sort für gute Stimmung. Hier noch einmal ein großes Dankeschön an Katja für die Aufnahme!!!
March 29, 2008 No Comments