Posts from — May 2008
Tag 47 (Türkei): Ruhetag in Istanbul (habe ich was an den Augen?)
Tagesstrecke: 0km
Gesamtstrecke: 3818km
Fahrzeit: 0h
Achtung: mehr Bilder als Text (und sogar noch mehr Bilder hier: flickr Seite).
Kein Radfahren heute und trotzdem sehr lustig. Nach einem ruhigen Morgen gingen Haluk, der Vate von Gokce, und ich in die Stadt. Er ist ein super Tourifuehrer und machte den Tag einfach spannend. Mit dem Boot ueber die Hauptstrasse von Istanbul und dann ging es in den Topkapi Palast (trotz Tourihorden sehr schoen) und zur Hagia Sofia.
Dann kam der Moment, wo ich meinen Augen nicht traute. Philippe, was machst Du hier? Ein Studienfreund aus Stanford. Er war nur fuer einige Tage in Istanbul und ebenfalls auf kurzer Touritour.
Dann ging es zum Essen … Koefte in einem Restaurant, wo eigentlich nur Einheimische waren, obwohl es mitten im Touristenviertel ist. Einfaches, aber grossartiges Essen.
Dann ging es weiter in die Zisterne und den Grossen Basar. Ein Touritag, aber mit sehr, sehr viel Spass.
Gokces Vater ist extrem witzig und lustig. Es gab noch mehr Essen und dann wieder zurueck mit der Faehre. Vielen Dank an Gokces Vater, der mir die Orte viel besser naeher brachte, als ich es alleine haette koennen.
Wieder gibt es viel mehr Bilder auf der flickr Seite, einfach mal anschauen, wenn man Zeit hat.
May 10, 2008 No Comments
Tag 46 (Türkei): Gümüsjaka - Istanbul (eine andere Brücke)
Tagesstrecke: 114km
Gesamtstrecke: 3818km
Fahrzeit: 5-6h
Ich wachte vor Nurai und Ali auf. Alles war still im Haus. Ich wollte schauen, wie es um den Wind stand. OK, nicht besonders stark. Gutes Frühstück, eine sehr herzliche Verabschiedung und ich war auf dem Weg. Es sollte ein kurzer Fahrtag werden, am Tag vorher wollte ich km gemacht haben. Es wurden viel mehr, als ich dachte.
Die Strecke sollte 65km lang sein. Am Anfang lief alles wunderbar, der Wind war kein Faktor. Fastunfall in Silivri, weil ein Auto meinte ich solle abbiegen, obwohl ich klar gerade auswollte. Alles gut gegangen. Kurze Aufregung beim Fahrer. Ich war und bin in OK. Dann ging es auf wieder auf eine Art Autobahn, aber eigentlich die einzige nach Istanbul führende Strasse. Der Verkehr wurde hektisch, Autos fuhren überall dort hin, wo kein Platz war und jeder wollte an die gleiche Stelle. Dazwischen war ich. Es klappte aber alles, ein wenig Aufregung hier und da. Nervlich ein wenig aufreibend vielleicht, Hügel, um es nicht zu einfach zu machen. Nach dem Mittagessen ging es einen sehr steilen Anstieg hinauf und auf der anderen Seite lang und nett runter. Verkehr halt. Von rechts und links, vorne und hinten. Und es waren noch 30km. Dann kam Regen, es wurde ein wenig rutschig. Dann sah ich die Abzweigung, nach der ich gesucht hatte. Ein wenig spaeter als ich wollte, musste das Rad über eine Brüstung heben und den Hang runter schieben, aber auch das ging. Es ging an der Bahnschiene entlang und am Flughafen vorbei nach Istanbul ins Zentrum.
Autofahrer bremsen an merkwürdigen Punkten, alles chaotisch, aber die Bremsen am Rad machen Gott sei Dank alles mit. Dann kommt die Sonne wieder raus, ich fahre am Meer nach Istanbul rein. Die Stadtmauern kommen und gehen, Angler am Meer, spielende Kinder. Die Stadt oeffnet sich vor einem, die Minarette werden zahlreicher und hoeher. Dann war ich unterhalb der Blauen Moschee und konnte nichts anderes tun als laecheln. Es war zwar erst der Anfang der Reise, aber immerhin bin ich schon mal in Istanbul.
Es ging weiter ins Zentrum ans Goldene Horn. Ich traf einen Radfahrer, einfach an der Lenkertasche um seinen Hals erkennbar. Er wirkte gestresst, war am Tag vorher reingefahren und immer noch mitgenommen, wie es schien. Er hasste den Verkehr, war ueber die Strasse nicht gluecklich und so weiter und so fort. Er wollte nach Jerusalem. Auch das Essen war nur bedingt gut meinte er. Für mich war der Tag jetzt schon klasse und der Verkehr ist zum Aushalten. Leicht gesagt, wenn es rum ist und man vor dem Rechner sitzt.
Ich fuhr weiter durch dichten Stadtverkehr, hin und her durch Autoreihen hindurch und kam die Bosporus-Brücke. Rüberfahren nicht erlaubt, aber ich wollte es versuchen. Ich fragte einen Polizisten nach dem Weg, er meinte die Strasse rauf und dann rechts. Das machte ich auch. Wenn es bloed kommt, schicken sie mich zurück, dann kann ich es auf der zweiten Brücke versuchen. Dann kam dieses Schild.
Es steht nichts von Radfahrern da. Dann dieser Ausblick.
Dann das Schild, dass Radfahrer nicht raufdürfen. Kein Foto, zuviel Verkehr. Aber da ist man schon fast auf der Brücke. Und es gibt keine Abfahrt mehr. An einem Posten vorbei, kein Ruf, haette auch nichts gebracht. Der Verkehr war OK, ich auf der Bruecke und dann auch bald drueber. Ohne Foto ging es nicht.
Die Bezahlstation. Ich fuhr durch, mein Gewicht loeste einen Alarm aus, keiner kuemmerte sich drum und ich fahre weiter. Ich wollte die Eltern von Gokce treffen, einer Freundin aus Stanford. Ich fand die Siedlung und irgendwann nach langer Debatte durfte ich an den Sicherheitsleuten vorbei. Gokces Vater kam vorbei, fuhr einen steilen Berg vor mir her und dann war ich am Ende und am Ziel des Tages. Eine Nachbarin meinte noch, dass man über die Brücke eigentlich nicht rüberkommt und es verboten sei. Andere werden zurückgeschickt. Ich hatte wohl einfach Glück.
May 9, 2008 No Comments
Tag 45 (Türkei): Yenice - Gümüsjaka (schlafen wie ein Stein)
Tagesstrecke: 94km
Gesamtstrecke: 3704km
Fahrzeit: 6h
Ich wurde während der Nacht kein einziges Mal wach. Schilef wie ein Stein für mehr als 8 1/2 Stunden. Ich wollte nicht so spät raus, wollte Özcilek und Emine nicht so lange warten lassen. Beide saßen aber fröhlich im Wohnzimmer und betrachteten mich amüsiert, als ich herauskam. Nachdem ich dann auch wirklich wach war und wir gefrühstückt hatten, ging es dann recht spät los.
Die Idee Istanbul am gleichen Tag zu erreichen, hatte ich verworfen. Bei dem Wind nicht wirklich machbar. Ein kurzer Blick aus dem Fenster hatte am Morgen gereicht. Starker Wind von Osten. Aber die Sonne schien. Ich verabschiedete mich, nur um ein paar Stunden später wieder auf Özcilek zu treffen.
Die Fahrt war langsam und ermüdend, der Wind ziemlich unerbittlich. Er laugte mich aus. Bis Tekirdag schaffte ich nicht mehr als 13km/h im Schnitt. Ich hielt für einen Tee an, der mir angeboten wurde. Von da sah der Wind friedlich aus. Das Problem ist, dass der Wind es durch die leicht rollende Landschaft überall hinschafft. Normalerweise hat man auf den Anstiegen keinen Gegenwind, hier schon. Ich wollte einfach, dass der Wind aufhört. Habe ich jemals gesagt, dass ich Gegenwind gut finde oder dass ich bei Gegenwind stoisch werde? Ich habe gelogen. Ich gebe zu: ich hasse Gegenwind, der Fahnen stramm im Wind stehen läßt. Aber zumindest war die Fahrt ineressant.
Und die Fahrt war schön. Vielleicht braucht jemand einen neuen Bildschirmhintergrund (sieht ein wenig nach Windows XP aus, ein wenig zumindestens).
Ich kam in Terkirdag an und hörte gleich meinen Namen. Özcilek musste Bürokratie hinter sich bringen, bevor er wieder nach Deutschland ging. Wir tranken - was sonst - Tee. Mit ein wenig mehr Zucker als wenn Emine dabei ist. Dann ging es weiter. Internetcafe, besser hier warten als mehr Gegenwind dachte ich. Es half ein wenig … oder auch gar nicht. Erst ließ der Wind ein wenig nach, dann kam er wieder mit voller Wucht zurück. Es ging direkt in den Wind und irgendwann hatte ich keine Lust mehr der Sparringparter des Windes zu sein. Es machte keinen Spaß, es war ein ungleicher Kampf.
An der Tankstelle verstand jemand das Wort Markt nicht, wollte mich 10km weit weg schicken. Nope. Ich bog in das Dorf, wollte den ersten Menschen fragen, den ich traf. Es war ein Ferienort, niemand auf den Straßen. “Sprechen Sie deutsch?” war meine erste Frage. Tat er nicht. Aber der Mann (Ali)holte seine Frau (Nurai), die deutsch sprach. Sie war in Karlsruhe vor 30 Jahren. Ein Markt gebe es. Super. Ein Platz zum Zelten. Komischer Blick. Warum denn? Oben gebe es genügend Platz und vor allem ein Bett. Ich solle bleiben. Ich akzeptiere bereitwillig und obwohl Nurai behauptet sie spreche nicht viel deutsch, unterhalten wir uns ziemlich gut. Bis auf die Tatsache, dass sie dachte ich sei mit einem Motorrad unterwegs, was erst eine Stunde später klar wurde.
Ich zog mich um und als ich wieder unten war, stand schon Essen auf dem Tisch. Dann sprachen wir mit ihrer Schwester aus Karlsruhe, über die Tour und wie ich überhaupt ins Haus von Nurai und Ali kam. Es war ein tolles Ende eines windigen Tages. Nurai bezeichnete mich abwechselnd als “mein Kind” oder “mein Sohn”, als wir zu Bekannten die Straße runter gingen, die lange in Österreich gewohnt hatten.
May 8, 2008 No Comments
Tag 44 (Griechenland/Türkei): östlich von Alexandroupolis - Yenice
Tagesdistanz: 112km
Gesamtdistanz: 3609km
Fahrzeit: 7h
übellaunig … gespentisch I … gespenstisch II … abgewiesen … merkwürdige Dinge auf Türkeis Straßen (oder ich bin naiv) … die türkische Gastfreundschaft gibt es doch
Kein guter Anfang. Ich fühle mich mies. Ich will nichts essen, will nicht fahrradfahren. Der Himmel besteht aus Einheitsgrau. Es ist kalt. Mir ist schlecht, meine Beine wollen nicht. Zum ersten Mal durchfaehrt mich der Gedanke, “Was mache ich hier eigentlich? Warum bin ich hier in Ostgriechenland mit dem Rad unterwegs und warum fahre ichv gegen den Wind?”
Ich zwinge mich etwas zu essen und es geht etwas besser. Dann komme ich auf die Autobahn in Richtung Türkei. Klar, die falsche Strasse, aber das ist mir egal. Die Schilder sind nun mal so, ich will nicht Pfadfinder spielen. Runterschmeissen wäre eh nicht gegangen, die komplette Straße ist eingezäunt. Und es ist gespenstisch. Hier ist der Grund:
(zum Betrachten des Videos auf das Bild drücken, es öffent sich in einem neuen Fenster)
Es schien kein Auto auf der Straße zu sein. Während meiner ganzen Fahrt von ca. 20 Minuten überholten mich sechs LKW und sieben Autos. Es gibt scheinbar keinen Verkehr zwischen Griechenland und der Türkei.
Grenzübertritt. Griechenland verabschiedet mich freundlich. Hände über dem Kopf zusammenschlagender Grenzer als ich auf seine Frage antworte, wo ich hinfahre.
Dann kam ich an die tatsächliche Grenze. Vielleicht bin ich ein naiver Europäer oder einfach einer, der sich an den Gedanken und die Realität des Schengen-Raums und fehltenden Grenzkontrollen gewöhnt hat. Aber was ich an der Grenze sah hinterließ bei mir nur Kopfschütteln. Soldaten in kleinen Häuschen, jeweils ca. 20m von einem Strich über die Brücke entfernt. Ich wollte ein Bild machen, ließ es sein. Am Grenzstrich ging das auch nicht, der türkische Soldat winkte eifrig und heftig, ich solle endlich machen, der griechische sah auch nicht begeistert aus. Vier Soldaten traten aus ihren ziemlich bescheuert aussehenden Häuschen heraus. Also fuhr ich weiter, bekam trotzdem ein freundliches “Willkommen in der Türkei!” und hielt dann kurz darauf an, um dieses Foto zu machen.
Auf der türkischen Seite keine wirklichen Formalitäten. Ich fuhr weiter. Das nächste Dorf, nicht wirklich interessant. Ich fuhr weiter. Ich kam an die erste Stadt und hatte kein Geld. Ich wollte einen Geldautomaten oder Geld wechseln. Gab es nur im Zentrum. Ich war in einem Einkaufszentrum. Ich wollte nicht hoch. Kreditkarte sollte gehen. Ich kam nicht mal in den großen Supermarkt rein. Ich sollte mein Rad um die Ecke stellen, abseits von allem. Ich weigerte mich, kam nicht in Frage. Reine Vorsichtamaßnahme, da hier mehrere Leute mich und das Rad schon gesehen hatten und sie wohl andere daran hindern würden, irgendwas zu machen, was ich nicht wollte. Ich ging. Geld wechseln ging auch nicht, trotz großem Schild wollte man meinen EUR 50 Schein nicht nehmen. Ich fragte warum (großes Fragezeichen im Gesicht), er zuckte nur mit den Schultern. Letzte Möglichkeit, ein anderer Supermarkt. Sie nahmen Kreditkarte und da tauchte auch schon ein Geldautomat auf. Alles wird gut.
Hügel folgte nun auf Hügel, kein Stückchen flach. Wind von vorne. Beständiger Wind von vorne. Sehr ermüdend. Ich wurde von der Kombination förmlich aufgefressen.
Dann passierte merkwürdgies. Oder ich bin gedanklich einfach langsam geworden. Eine Frau steht an der Straße, nichts ungewöhnliches hier, passiert häufig, Leute werden mitgenommen. Sie ist um die 30, daneben ein kleiner LKW, vielleicht ein Verwandter, der sehen will, dass alles OK ist. Ich fahre vorbei, sie sagt was, ich verstehe nichts, lächele und fahre weiter. 300m den Berg hoch mache ich dieses Bild.
Dann dieses.
Sie kam den Hügel hoch auf mich zu, immer noch im Begriff Autos anzuhalten. Sie kommt bis zu mir und läßt einen Wortschwall auf mich nieder. Ich habe keine Ahnung, was sie will. Versuche ihr das klar zu machen. Sie plappert weiter. Ich packe meine Kamera ein. Dann kommt eine universelle Geste … und dann wird mir alles klar. Hat auch lange genug gedauert. Ich schüttele den Kopf. Sie sieht nicht erfreut aus. Dachte wohl, dass mein Anhalten was mir ihr zu tun hatte. Sie wirft mir wohl ein paar Flüche zu.
Ein LKW hält an, nimmt sie mit. Ich sehe den LKW ein bis zwei km vor mir anhalten. Sie steigt aus. Ich fahre weiter, erreiche sie fast - sie steigt wieder in einen Transporter ein und ich sehe sie nicht wieder. Man kann mich naiv schimpfen, aber für mich kam es unerwartet, wo und wann dies passierte.
Ich komme in Malkara an und bin ziemlich ausgepumpt. Ich brauche eine Pause. Ich suche ein Internetcafe und jemand bringt mich hin. 8-jährige spielen Counterstrike, was für ein Anblick.
Noch mehr Wind und noch mehr Hügel. Dann kommt ein Dorf, in dem ich meine Sachen fürs Abendessen kaufen will. Der Händler kommt raus und schlägt mir die Tür vor der Nase zu. Nicht nur sprichwörtlich. Aua. Vielleicht ein Mißverständnis. Nein, nicht wirklich. Ich versuche zu erklären, dass ich was kaufen will. Er dreht sich um und geht weg. Andere starren mich an. Ich bin verärgert, frage mich, ob ich was falsch gemacht habe. Kleidung OK, nicht, dass es hier wichtig gewesen wäre. Die anderen rufen dem Händler nach, der geht einfach weiter. Keine Ahnung. Ich ziehe von dannen.
Ziemlich kaputt fahre ich weiter. Ein wenig enttäuscht und auch ein wenig Ärger ist auch noch da. Das nächste Dorf und ich beschließe dort zu bleiben. Egal, was passiert.
Ich komme an und eine Schar Kinder umringt mich. Fußballspielende Kinder. Oli Kahn, Michael Ballack … die Namen fallen schnell. Wir finden das kleine Geschäft, davor auch eine Frau, die deutsch spricht. Sie übersetzt, wo ich herkomme, wo ich hinfahre. Ihr Mann wird bald hier sein. Er hat 35 Jahre in Berlin bei Siemens gearbeitet. Platz zum Zelten gebe es schon, man werde was finden.
Özcilek kommt vorbei und es entwickelt sich schnell ein nettes Gespräch, viel Lachen und Spaß bei der ganzen Sache. Wir trinken den üblichen Tee mit anderen Männern, Frauen nicht zugelassen. Mein Fahrrad bleibt vor dem Geschäft stehen. Ich werde zum Dorfgespräch. Ein kleines Dorf. Aber Emine und Özcilek haben ein großes Herz. Zurück beim Fahrrad bietet Özcilek an, bei ihnen zu bleiben. In Anbetracht des Tages nehme ich an.
Eigentlich wollte Özcilek nur einige Jahre in Deutschland bleiben, es wurden 35 daraus. Seine zwei Söhne wohnen in Berlin und auch Özcilek wird wohl nach der Rente noch eine Weile dort bleiben. Wir unterhalten uns lange über Sport, Politik und andere Themen, meine Gesichte mit der Frau wird bestätigt. Özcilek war auch überrascht, als er es zum ersten Mal gesehen hatte. Um Mitternacht falle ich ins Bett, erschöpft, aber auch sehr, sehr dankbar.
May 7, 2008 No Comments
Tag 43 (Griechenland): Koutso - oestlich von Alexandroupolis
Tagesstrecke: 127km
Gesamtstrecke: 3496km
Fahrzeit: 7h
Ich wachte frueh auf … kein Wunder in Anbetracht des Ortes, an dem ich schlief. Das Geschaeft hatte eine umlaufende Glasfront und die Mutter von Christos musste mich gesehen haben, denn kurz danach kam sie aus dem Haus und brachte mir einen riesigen Hefekuchen, hartgekochte Eier und etwas zum Trinken fuer unterwegs. Zudem ein Kreuz als Gluecksbringer … schon am Vorabend war mir aufgefallen, dass die Familie recht religioes sein musste. Unabhaengig von meiner eigenen Meinung zu Religion, war es fuer mich eine bewegende Geste.
Alles, was ich wieder sagen konnte war Dankeschoen und es scheint mir manchmal ziemlich unpassend. Aber mehr bleibt einem wohl in meiner Situation nicht.
Im naechsten Ort fand ich zwar nicht die angesagten Quellen, aber diese Motive.
Ich umrundete einen See zu meiner Linken, zu meiner Rechten das Meer. Irgendwann bog ich von der Hauptstrasse ab und es ging durch Felder und kleine Doerfer wieder in Richtung Kueste. Radeln war angenehmer. Als ich nach dem Weg fragte, hoerte ich schon im Griechischen einen Kurpfaelzer Dialekt und ein Mannheimer brachte mich auf eine schoene Strecke abseits von Strassen mit schoener Aussicht. Ueber Huegel und Anstiege gelangte ich zu einer Kirche und einem schoenen Platz zum Mittagessen. Danach ging es um einen Berg, um dann irgendwann in Alexandroupolis anzukommen. Die Faehre nach Samothraki konnte ich nicht mehr bekommen, die naechste wuerde erst spaet am naechsten Tag fahren. Schade … Aber ich sollte am Wochenende in Istanbul sein, um mich mit der Familie von Hussein zu treffen. Hussein ist mein Masseur und hat mich vor der Abreise (ich hatte eine Virusinfektion) wieder fit gemacht. Vielen Dank dafuer und den Kontakt in Istanbul, Hussein. Nachdem ich die Stadt wieder verlassen hatte, suchte ich einen Platz. An einer Tanke traf ich auf Griechen, der mal in Deutschland gearbeitet hatte und der meinte, es gebe keinen Zeltplatz hier. Ich meinte, aber vielleicht einen Platz zum Zelten und er fuehrte mich auf eine Wiese und meinte, es gebe viel Platz, ich solle mir was aussuchen.
Ich wurde heute mehrfach davor gewarnt, in die Tuerkei zu fahren. Einmal vom Eigner eines Hotels (netter Mensch eigentlich), der staendig von Vergewaltigung und allem moeglichen anderen Dingen sprach. Ich solle aufpassen. “Das sind keine Europaeer …” Ich wollte keine grosse Debatte vom Zaun reissen, aber es kam mir merkwuerdig vor, dass die nationalen Gefuehle immer staerker wurden, je naeher ich der Grenze zu kommen schien. Und das Gefuehl der eigenen Ueberlegenheit. Ich kann diese nicht wirklich teilen und denke, dass sie mehr aus Unwissenheit und haeufig vom Hoerensagen entstehen.
May 6, 2008 No Comments
Tag 42 (Griechenland): irgendwo an der Kueste … neben einem Turm - Koutso
Tagesstrecke: 112km
Gesamtstrecke: 3369km
Fahrzeit: 5-6h
In der Nacht hatte es geregnet, aber am Morgen war das zumindest vorbei. Muede war ich trotzdem, wahrscheinlich vom langen Tag zuvor.
Ich machte mich langsam auf den Weg nach Kavala, konnte an den sehr einladenden Kuchen auf dem Weg nicht vorbei und ebenso wenig konnte einem ein bajuvarischer Akzent entgehen, den ein Grieche in seinem Englisch hatte. Er machte Strassendienst (lebende Ampel) und waehrend ich auf die Weiterfahrt wartete, unterhielten wir uns ein wenig.
Kavala ist nett, trotz des einsetzenden Regens. Ich wartete bis der rum war und fuhr weiter.
In Xanthi kam ich zusammen mit Yanis an, der mich mit seinem Rennrad ueberholte. Auch er meinte, ich sei verrueckt, aber die Fahrt bis in die Stadt mit ihm war trotzdem nett.
In Xanthi lief ich durch die Altstadt mit seinen hergerichteten Haeusern und kam an einer Kunstgalerie vorbei. Ich machte das Bild unten und Yanis (ein weiterer) kam heraus. Wir unterhielten uns ueber alles Moegliche, u.a. ueber die Pomak, deren Sprache gerade aufgeschrieben wird und die bislang nur muendlich uebertragen worden war. Sie stellen eine kleine Minderheit in diesem Teil Griechenlands.
Dann kamen die Hoellenhunde. Normalerweise schreckt sie das Wasser aus der Wasserflasche ab. Aber die Hunde hier in Griechenland sind anders als die davor. Keine Ahnung, was mit ihnen los ist. Auf jeden Fall machen sie sich gerne ueber Fahrradfahrer her (genauso merkwuerdig ist das Verhalten von Schafen, Katzen, Voegeln und Eseln - ein LKW kein Problem, ein Fahrradfahrer und die Hoelle ist los). Diese vier waren von der besonderen Sorte. Stadtverkehr, Gott sei Dank gute Strasse. Aber irgendwann waren sie um mich herum, eine voraus, die anderen auf beiden Seiten. Keine gute Sache. Wasser machte ihnen nichts aus. An der roten Ampel wollte ich nicht anhalten, also um das erste Auto herum und rechts Richtung Bruecke. Die Hunder immer noch um mich herum. Schnappen war ihre Lieblingsbeschaeftigung … ich hatte keine Wurst dabei, verdammt. Dann eine Bruecke und die Viecher blieben einfach stehen. Mein Glueck.
Ich wollte eigentlich einen Platz zum Zelten suchen, aber das ging schief. Waehrend ich in Xanthi war, hatte es suedlich der Stadt wolkenbruchartig geregnet. Zelten war gestrichen, die Plaetze, die ich ausprobierte konnte man vergessen. Schlammig, in den Feldern stand das Wasser. Nett waren die vielen Stoerche um mich herum.
Als es dunkel war, bog ich in ein Dorf ab. Drei Jugendliche. Ich fragte, ob sie einen Platz wussten. Nach laengerem Hin und Her stellte sich die Mutter von Christos einfach hin und meinte ich koennte im ehemaligen Laden schlafen und das tat ich dann auch. Regen lag immer noch in der Luft und Zelten war unmoeglich. Ein Hotel gab es in der Gegend nicht. 5 Minuten spaeter brachte sie Essen aus dem Haus heraus. Schmeckte klasse.
May 5, 2008 No Comments
Tag 41 (Griechenland): Thessaloniki - irgendwo an der Küste … neben einem Turm
Tagesstrecke: 145km
Gesamtstrecke: 3257km
Fahrzeit: 7h
Plato und Curtis wollten früh los, aber das klappte nicht. Verschlafen … so konnte auch ich ein wenig später los. Raus aus der Stadt, kurz über die Stadtautobahn (unbeabsichtigt) und dann landete ich in einem langen Tal mit zwei Seen und schöner Umgebung mit relativ weniger Verkehr.
Ich traf einen Schweizer mit seinem Hund und Fahrrad, der schon seit zwei Jahren unterwegs ist.
Durch eine Schlucht ging es ans Meer und bald darauf in einen heftigen Gegenwind. Ich wollte in einem kleinen Ort auf der Karte versuchen was einzukaufen, der Ort kam nie. Es waren einige Häuser. Eigentlich brauchte ich nur Wasser, fragte in einer Hütte. Der Alte zuckte mit den Schultern, zog endlich seinen Hund zu sich und ging weg. Dann rief er mich, zeigte mir das Problem …. seine Hütte war vollkommen überschwemmt worden und die Leitungen unbrauchbar. Aus seiner Kühlbox gab er mir dann drei kleine Flaschen, meinte er werde morgen ohnehin in Kavala sein und brauche sie nicht.
Einige km später sah ich einen Bus mit deutschem Kennzeichen, ein älterer Türke war damit liegengeblieben. Ich sagte ich würde versuchen im nächsten Ort was zu organisieren. Der Ort kam auch nicht, aber ein kleiner Anhänger mit Imbiss. Die wussten keine Telefonnummer. Die Polizei kam … ich versuchte zu erklären, was los war. Sie fuhren fort. Einige Minuten später fuhr ich hin, die Polizei schon wieder weg, aber ein Abschleppwagen wohl schon unterwegs. Zurück zum rollenden Imbiss, in der Nähe war ein schöner Platz zum Zelten direkt am Meer …
Dies ist auch eine gute Gelegenheit auf zwei weitere Seiten aufmerksam zu machen:
1. www.14degrees.org: Die Webseite von Rob, der mit einem Skateboard gerade durch China tourt und sehr interessante Berichte abliefert. Lohnt sich auf jeden Fall.
2. www.worldwheeling.de: die Webseite von Chris und Dagmar zu ihrer Weltreise mit dem Rad. Ausserdem sehr zu empfehlen fuer Liebhaber von Schallplatten der unterschiedlichsten Genres (Rock & Pop, Folk & Jazz, Funk & Soul, Hard & Heavy und Psych & Prog) - www.homeofrecords.de. Vielen Dank an Chris fuer die vielen Tipps.
May 4, 2008 1 Comment
Tag 40 (Griechenland): Ruhetag in Thessaloniki
Tagesstrecke: 0km
Gesamtstrecke: 3112km
Fahrzeit: 0km
Ein langsamer Tag nach einer langen Nacht. Bougatsa war das erste Wort des Tages, eine Art Blaetterteig mit Cremefuellung, ziemlich viele Kalorien, ziemlich lecker. Wir erkundeten mit Plato weiter die Stadt, er kennt so ziemlich alle Ecken, weiss, wo es gutes Eis und alles moegliche andere gibt.
Dann ging es in ein Feinkostgeschaeft mit tollem Kaese und Salami und Wurst sowie vielen anderen Leckereien. Als die Mitarbeiter erfuhren, wo ich herkam und was ich noch vorhatte, wurde so ziemlich alles durchprobiert. Herausgekommen bin ich mit wenig, so viel, wie ich halt sinnvollerweise mitnehmen kann. Ganz ohne Einkauf wollte ich dann doch nicht gehen.
Zurueck in der Stadt gab es noch mehr zum Essen. Nach dem Besuch hier muss ich morgen mal wieder in die Pedale treten …
May 3, 2008 No Comments
Tag 39 (Griechnland): Partheni - Thessaloniki
Tagesstrecke: 44km
Gesamtstrecke: 3112km
Fahrzeit: 2h
Aufgewacht bin ich durch Hundebellen und Gänsegeschnatter. Viele Hunde und viele Gänse in der Gegend. Viel Landwirtschaft in der Ebene unweit von Thessaloniki. Dann choralhafter Gesang zweiter Männerstimmen über Lautsprecher und Glockenläuten. Pater Seraphim war eine der Stimmen und da es wohl mit der Messe lange dauern würde, holte eine Frau ihn einfach aus der Kirche (Protest half nichts) und wir verabschiedeten uns. Vielen herzlichen Dank für alles!!!
Die Fahrt nach Thessaloniki war kurz gesagt hässlich. Staub, Verkehr, Lärm und z.T. schlechte Straßen. Ich suchte nach einem Internetcafe, fand schließlich eines und nahm Kontakt mit Plato auf, bei dem ich die nächsten zwei Tage bleiben werde. Wir verabredeten uns für den Nachmittag, ich hatte Zeit mir Thessaloniki anzusehen und in einer Gallerie traf ich Nopi, die dort nicht so viel zu tun hatte. Wir unterhielten uns, nahmen irgendwann Stühle, setzten uns ans vor die Gallerie, sahen aufs Meer und die Promenade und ich bekam einen Crashkurs über die lokalen Spezialitäten und Dinge, die ich mir ansehen sollte. Sie sprach auch über ihre Familie, die Teil des “Bevölkerungsaustauschs” zwischen Griechenland und der Türkei 1923 war.
Dann traf ich Plato und mit einem Freund aus Kanada, der zu Besuch war, ging es dann auf Souvlaki- und weitere Erkundungstour durch Thessaloniki. Und wieder wurde es viel später als erwartet …
May 2, 2008 No Comments
Tag 38 (Griechenland): Vevi - Partheni (griechische Feier und Übernachtung im Bett eines Priesters)
Tagesstrecke: 112km
Gesamtstrecke: 3068km
Fahrzeit: 6h
Der Morgen war sehr schön, ich war früh unterwegs und bis 11 Uhr schon die ersten 55km gefahren. Hügelige Berglandschaft (erstmal nach oben), Nordgriechenland hieß mich willkommen. Dann ging es bergab mit wunderbaren Aussichten auf Seen und die herumliegenden Berge. Dazu kaum Verkehr, in der ersten Stunde vielleicht fünf Autos.
In Edessa angekommen, fiel mir endlich auf, dass 1. Mai war und die Geschäfte in den Städten geschlossen hatten. Zuvor hatten mich schon die fehlenden Lastwagen stutzig gemacht. Aber als die Sozialistische Partei in Edesse ihre kleine Kundgebung abhielt, fiel dann endgültig der Groschen. Ich schaute mir die Wasserfälle an, nicht besonders spektakulär, aber nett.
Die Fahrt am Nachmittag war gekennzeichnet durch Gegendwind, landwirtschaftliches Gebiet und schönes Wetter. Ich scuhte etwas zum Zelten und kam irgendwie nach Partheni. Ich fragte im kleinen Supermarkt (der war offen trotz 1. Mai) und alle meinten, ich solle zur Kirche gehen. Hätte ich in Deutschland wohl eher nicht gemacht und auch der Versuch mir das vorzustellen (bzw. die Reaktion auf den Versuch) kommt mir irgendwie merkwürdig vor. Ich wurde von drei Mädchen zur Kirche begleitet, kurzes Vorgespräch mit dem Priester und dann stand Pater Seraphim vor mir und meinte, das sei kein Problem, sie hätten ein kleines Fest, bei dem ich ich doch mitmachen solle und es fände sich schon ein Platz.
Gegrilltes Lamm,Salat, Käse und vieles andere fand sich dann eine Stunde später auf dem Tisch und irgendwann gesellten sich nach und nach drei Leute zu mir, die alle sehr gut deutsch sprachen und in Deutschland mehrere Jahre gearbeitet hatten. Der eine “beim Daimler”, die anderen in Bamberg und Düsseldorf. Pater Seraphim kommt aus Syrien, macht gerade seinen Doktor in Thessaloniki und wurde mir von allen (nicht nur von denen die deutsch sprachen) als wunderbarer Mensch dargestellt. Das sollte ich herausfinden, als es Zeit war, zu schlafen. Ich hatte mit Zelt gerechnet, er meinte, ich solle ins Haus kommen. Gut, die Couch schien gemütlich. Dann verfrachtete er mich in ein Zimmer. Sein Zimmer, was ich nicht wußte oder zu spät bemerkte. Er war weg und ich hatte keine Möglichkeit, irgendetwas zu sagen.
May 1, 2008 No Comments